What a difference a day made, twenty-four little hours …

von JULIA DETTMER

von JULIA DETTMER

… brought the sun and the flowers 
Where there used to be rain. 


(Dinah Washington : „What a Diff’Rence a Day Makes“)

„Wieso kommt denn auf dem Blog nix mehr?“, fragte meine Tante mich kürzlich. 
„Weil ich mein Berufsleben da nicht ausbreiten will“, antwortete ich.

Als ich später nochmal darüber nachdachte, erinnerte ich mich an früher. Früher postete ich ständig hier. Kleinigkeiten aus dem Alltag, wichtige und unwichtige Geschichten, einfach Fotos von spektakulären oder belanglosen Erlebnissen mit Texten dazu. Das ist alles weniger geworden. Weil ich in zehn Jahren, die es diese Seite schon gibt, erwachsener geworden bin, vielleicht ein bisschen weniger mitteilungsbedürftig, und weil das hier immer ein Ort für eher nicht so arbeitslastige Themen war.

Job war Job, der Blog war Spielwiese. Mittlerweile verschwimmt das oft. Der Job ist zeitintensiv und ausfüllend und dabei sehr er-füllend und somit gibt es immer weniger alltägliche Lebensgeschichten, die ich hier erzähle. Zeitweise habe ich sogar daran gedacht, den Blog dicht zu machen, weil ich nur noch höchstens einmal im Monat etwas schreibe.

Doch diese Seite gehört zu mir, ist ein Platz in meinem Leben und für mein Leben, den ich nicht hergeben will. Wenn ich zum Beispiel an mein Madeira-Tagebuch vom letzten Jahr denke, dann wird mir warm ums Herz. Ich bin dankbar dafür, dass ich solche Reisen hier festhalten und bei Bedarf nochmal nachfühlen kann.

Trotzdem soll diese Seite nicht nur noch als Reisetagebuch dienen, denn zwischen Reisen und Arbeit muss ja auch noch was sein, das es wert ist, aufgeschrieben zu werden. Deshalb teile ich heute mal ein paar Gedanken zu diesem wunderbaren Tag mit euch.

Heute war nämlich einer der allerschönsten Tage der letzten Wochen. Ich kam gestern Abend sehr spät von einer vollgepackten Dienstreisewoche heim und fiel völlig erschöpft ins Bett. Erst eine zweitägige Konferenz, dann direkt das GNTM-Finale und danach nochmal eine zweitägige Dienstreise hatten mich die Woche über sehr in Beschlag genommen. All diese Trips quer durch Deutschland waren ereignisreich, spannend, erfolgreich – und anstrengend. Denn man beamt sich ja nicht aus dem eigenen Bett auf einen Stuhl irgendwo, und dann geht’s los, sondern man reist, checkt Tickets, (Internet-)Zugänge, packt Koffer ein und wieder aus, richtet sich jeweils für eine Nacht in fremden Hotelzimmern ein, trifft tausend Leute … es mag sich anhören wie Jammern auf hohem Niveau, aber es zapft auf Dauer doch an den Kraftreserven.

Genug davon, ich fiel also gestern wie eine spreißelige Holzplanke ins Bett und ich weiß nicht, was über Nacht passiert ist, aber ich wachte heute so erholt und lebenslustig auf, als hätte jemand das Holz abgeschliffen und eingeölt. Erster Gedanke nach dem Aufwachen: Wann geht nochmal der Zug? Zweiter Gedanke nach dem ersten: Die Reisewoche ist vorbei! Ich fühlte mich plötzlich wie gereinigt und völlig frei. Endlich nicht aufstehen, um zu packen und in einen Flieger oder Zug zu steigen, sondern um zum ersten Mal in diesem Jahr in Sommerkleidung eine Runde im Park laufen zu gehen.

Endlich ohne Zeitdruck oder Calltime ausgiebig frühstücken, und zwar schön zerrupft im ollen Oasis-Schlaf-Shirt auf dem Sofa mit YouTube-Videos, nicht neben fremden Menschen alleine im Frühstückssaal eines Hotels. Es gab Toast mit Erdnussbutter, Marmelade und Bananen, lecker!

Endlich ein bisschen gemütlich im Internet surfen, und zwar nicht auf bahn.de, sondern auf meinen Lieblingsblogs, die ich ewig nicht gelesen habe. Endlich meine liebste zerfetzte Jeansshorts anziehen, und zwar aus meinem eigenen Schrank, nicht aus dem Koffer. Endlich die Stones (12. September Olympiastadion, hell yes!) so richtig nervig laut machen und blöd dazu durch die Bude wackeln, und zwar ungestresst. … es tat so gut.

Es fühlte sich so richtig und verdient an. Dann radelte ich mit meiner Lieblingsdecke, die mich seit mindestens fünf Sommern treu begleitet, reichlich Wasser und Sonnencreme (und Sekt, der sich dann als alkoholfrei herausstellte, was die Ladys zu „Waaas? Ohne Alkohol? Na zum Glück haben wir noch einen richtigen dabei“ verleitete), der Sonnenbrille auf der Nase und ungemachten Haaren in den Englischen Garten zu unserem Stammplatz am Schwabinger Bach.

Dort traf ich die Girls und wir kaperten ein schönes Plätzchen am Wasser im Schatten und machten uns breit. Für fünf Stunden. Wir und Wiesen und Bäume und der blaue Himmel und die Sonne und dusselige Gespräche über Manuel Neuer und ein paar Schluck Sekt und Butterkekse und ehrliche Lacher und Speckröllchen und Pieselpausen und blöde Hunde und süße Babys und Nudisten und Eisverkäufer und Pfandsammler und tausend andere Leute, die in Frieden diesen wonnigen Tag genossen und das Leben.

Das war der schönste, entspannteste, sorgenfreiste Tag seit Langem. Und er ging so einfach. Es fühlt sich gerade so an, als ob meine Seele in einer Hängematte liegt und immer wieder kommt jemand und steckt ihr eine süße Erdbeere in den Mund. Vermutlich wird sie da nicht ewig liegen, oder es kommt bald wer mit einem Löffel Essig. Aber dann nehme ich mir ganz fest vor, ihn auszuspucken und nicht lang im Abgang zu schmecken.

Auf einen herrlichen Sommer, Herrschaften.