Zurück zur Natürlichkeit!

von JULIA DETTMER

von JULIA DETTMER

Quelle: t-online.de, imago

Das ist Anna Hofbauer, eine Musical-Darstellerin, die als RTL-Bachelorette einem breiteren Publikum bekannt wurde. 

Natürlich hat sich am Tag nach dem Event, bei dem das Foto entstand, das ganze Netz das Maul über diesen Look zerrissen (wir bei BUNTE.de nicht!): Da seien Speckrollen, die Ex-Bachelorette habe gewaltig zugelegt, diese Rückansicht sei hässlich, wo sei nur ihre tolle Figur hin, pfundiger Auftritt, sonst so sportlich etc. … 

So, und seitdem frage ich mich, warum diese Rückansicht so viel Aufmerksamkeit bekommt. 
Man sieht einen makellosen Rücken: die Haut ist ebenmäßig und schön wie ein Babyarsch.
Es kann also nur um die zwei Speckröllchen gehen. Aber wer hat erfunden, dass die hässlich sind?
Wer hat eingeführt, dass da keine sein dürfen? Wer kann beurteilen, dass Anna nur „sonst so sportlich“ ist und mit den Speckröllchen nicht?


Die beschissene Industrie war’s! Mit ihren immer absurder werdenden Idealen. Und wir Idioten lassen uns von ihr infiltrieren. Lassen zu, dass Absurditäten schleichend die Realität überlagern.
Halten wir fest: Diese junge Frau ist nicht Model sondern Musical-Darstellerin. Die muss nicht klapperdürr sein. Das ist nicht ihr Job. Und auch wenn Modeln ihr Job wäre, hätte sie das gute Recht, ihren Speck nach Lust und Laune gedeihen zu lassen und der ganzen Welt damit vor den Augen rumzuwedeln.
Ihr seht, heute geht es um sensible, faszinierende, diskussionswürdige, viele Menschen betreffende Themenbereiche: Ernährung/Sport/Aussehen.

Ich habe auch schon „einiges“ ausprobiert, um meinen Körper zu optimieren:
– Detlef D! Soosts „10 Weeks Body Change“
– Kayla Itsines „Bikini Body Guide“
– Detox mit „The Frank Juice“
– Charlotte Würdigs „Upgrade U“
– Paleo und Low Carb mit der „fit for fun“
– Das „6 Wochen FatBurner Programm“ von „newmoove.com“
– Keine Süßigkeiten in der Fastenzeit 

Kurzfristig bringen solche Programme viel, nach zehn harten Wochen sieht man halt aus wie nach zehn harten Wochen.
Die Schlüsselwörter lauten „nach“ und „halt“ … denn nachhaltig ist es nicht.
Klar, diese durchgetakteten Pläne sind verführerisch, weil sie einem das Denken und Fühlen abnehmen und so die eigene Vernunft rauben. Man macht, was da steht, fühlt sich so, wie sie es beschreiben, und am Ende kommt was Ansehnliches raus.
Aber kein vernünftig tickender Mensch kann dieses Gedrille ein Leben lang durchziehen, ohne dafür nicht auf einen Teil Lebensqualität zu verzichten. Die meisten behalten den Lifestyle danach nicht bei, verfallen einem Fresswahn, erleben den Jojo-Effekt, stehen dann da wie vorher, nur noch unzufriedener – inklusive mir, hatte ich auch alles.

Damit kommt dann auch die Erkenntnis, dass sich Schönheitsideale von vornherein nicht vereinen lassen, weil „dicke Titten“ und „wenig Bauch“ und „großer Arsch“ und „dünne Beine“ einfach nicht gleichzeitig möglich sind (zumindest nicht für mich), wenn man nicht noch „ein paar OPs“ dazu packt.

Deshalb beschloss ich vor geraumer Zeit, dass jegliche Ernährungsform, die irgendetwas ausschließt, nicht die richtige für mich sein kann (Vegetarismus und Veganismus sind nochmal zwei andere paar Schuhe, darum geht es hier nicht).


Ich erinnerte mich an früher. Da aß ich, worauf ich Lust hatte. Da gab es mal dies, mal das, mal Pommes im Freibad, mal mitgebrachte Weintrauben, mal ein Eis, mal keins. Aber es gab nie Gedanken wie „Nein, das schmeckt zwar jetzt gut, sieht aber auf den Hüften scheiße aus“ oder „Ich hatte jetzt zwei Schokoriegel, jetzt kann ich gleich noch die restlichen zehn aus der Packung essen. Ach, und danach die Packung Gummibärchen und dann will ich Salzstangen und Schokolade.“ Früher gab es natürliche Gelüste, die dadurch ganz automatisch maßvoll waren. Früher …

… wusste ich auch noch nicht, dass ich leider keine Karte von der Sorte erhalten: „Ich kann in mich hineinschaufeln was ich will und werde niemals dick“. Wenn man realisiert, dass man nicht zu dieser äußerst raren Spezies gehört, lässt man sich leider leicht dazu verleiten, sich plötzlich auf ein Spiel einzulassen, in dem man nicht mitspielen sollte.


All diese Diäten, Programme, Kuren und Aufs und Abs haben das oben beschriebene automatische Maß/diesen maßvollen Automatismus und den gesunden Stoffwechsel nach und nach lahmgelegt und schließlich abgeschaltet. Natürlichen Appetit gibt’s fast nicht mehr, man beurteilt jede Speise und beraubt sich dadurch eines ganzen Stücks Genuss.


Ich bin gerade mal grob meinen Freundes- und Bekanntenkreis durchgegangen, und dabei fielen mir vielleicht drei Menschen ein, die sich absolut keine Gedanken über den Kalorienghaltr ihres Essens machen. Die sich genau diese kindlich-natürliche Umgangsweise mit Essen bis ins Erwachsenenalter bewahrt haben. Als hätten sie einfach nie mit dem Rauchen angefangen.


Erschreckend. Völlig paradox, dass wir uns in unserer Wohlstandsgesellschaft den Luxus „gönnen“, so mit dem Thema Essen umzuspringen.
Ich bin ja schon froh, dass sich der Magertrend mittlerweile zu einem Fitness-Trend gewandelt hat (obwohl es da natürlich auch schon wieder ungesunde Extreme gibt). „Ernährungsprogramme“ sind „Fitness-Programmen mit Ernährungs-Guides“ gewichen. Trotzdem alles Bullshit-Geiselnehmer, wenn ihr mich fragt.

Und warum hast du den ganzen Mist dann überhaupt gemacht?
Tja, weil ich es nicht besser wusste und weil ich Spaß daran hatte, das Zeug durchzuziehen. Ich bin ein wahnsinnig strikter Mensch und stelle mich gerne Herausforderungen. Es waren die falschen.

12675276_10208997490802921_809350995_o

Kommen wir zur Kernaussage dieses Beitrags: Was ist das Ziel? Was machen wir jetzt mit dieser verkorksten Einstellung zum Essen?

Am wichtigsten ist die Erkenntnis, dass diese Programme und überhaupt alle Diäten Schmarrn sind. Dann folgt der Wunsch, zu einer natürlichen, normalen Ernährung und Bewegung zurückzufinden.

12834494_10208997491042927_1418234348_n


Ich lege euch jetzt „einfach“ mal diese Tipps ans Herz, die mir sehr geholfen haben, falls ihr euch im obigen Text irgendwo wiedererkannt habt.


1. Essen

Zwingt euch keine gesunden Sachen rein, die ihr nicht mögt, nur weil sie in irgendeinem Ratgeber stehen!
Wer keinen Blumenkohl mag, der muss auch keinen Blumenkohl essen. Aber keiner kann mir erzählen, dass ihm gar nixGesundes schmeckt. Und hier liegt der Hund begraben. Versucht, möglichst viel von den guten Sachen, die ihr wirklich gerne esst, in eure Ernährung einzubauen. Dadurch verschwinden diese Zwangsgedanken irgendwann von selbst.
Zum Thema Obst und Gemüse:
Ich mag supergern Spinat (egal wie), Sellerie (als gebackene Sticks), Blumenkohl (angebraten), Brokkoli (im Gratin), Auberginen und Paprika (als Ofengemüse), Spargel, Feldsalat, Ananas, Beeren, Kiwis, Bananen, Pflaumen, Erdbeeren, Melonen, Trauben.
Ich mag nicht sonderlich gerne Tomaten (die großen), Zwiebeln, Lauch, Eisbergsalat, Zucchini, Äpfel und Pilze.

Logische Folgerung: Die ersten Gemüse- und Obstsorten kommen ständig auf den Teller, die anderen nie.
Gefühl dabei: Ich esse ja eh das, was mir schmeckt – und habe somit automatisch keine Gelüste auf Verbotenes.

Zum Thema Kohlenhydrate: 
Hier ist es genauso. Wenn ihr mordsmäßig auf Brot und Nudeln steht (so wie ich), aber nicht so sehr auf Kartoffeln und Reis, dann ist das doch in Ordnung.
Zum Thema Proteine: 
Lasst die Pülverchen sein. Wer keine ganz speziellen, hochgesteckten Muskelaufbauziele verfolgt, der kann seine gesunde Menge Eiweiß locker über die normale Nahrung aufnehmen.
Zum Thema Süßigkeiten und Chipszeug: 
Das ist mein pochender, blutender, wunder Punkt. Aber auch da gibt’s Sachen, die ich mehr mag als andere. Für Schokolade und Gummibärchen würde ich töten, für Chips hebe ich nicht mal die Knarre. Klar, sich jeden Tag ne Tafel Triolade und ne Tüte Haribo Kirschen reinzuknallen, ist nicht besonders figurfreundlich – aber Moment, darum soll es ja auch gar nicht gehen!
Ne Tafel Triolade und ne Tüte Haribo Kirschen pro Tag sind nämlich nicht nur nicht besonders figurfreundlich, sondern auch nicht besonders natürlich. Das braucht’s nicht. Und darauf hat man auch nicht jeden Tag Lust, wenn sich alles einpendelt, glaubt mir.
Zusammenfassend: 
Sucht euch die gesunden Sachen aus, die euch richtig schmecken. Achtet auf Saisonalität und Regionalität, am besten alles bio, Baut die eher ungesunden Lebensmittel vernünftig um die Gesunden drum rum, auf die ihr nicht verzichten könnt. Und macht euch vor allem klar, dass ihr nicht jeden Tag Unmengen von Triolade und Haribo Kirschen braucht.
Mal dies und mal das ist total prima, aber nicht täglich dies UND das.

2. Trinken
Ich saufe wie ein Loch :-). Also Wasser. Hat meine Mama schon früher immer gesagt, wenn ich vom Studieren heimkam. „Juli, wenn du da bist, brauchen wir fünf Mal so viele Getränke.“
Genug Wasser (also 2-3 Liter Wasser, an Sporttagen noch mehr) trinken fällt mir nicht schwer. Und wieso? Weil ich es mir angewöhnt habe. Es ist nämlich nicht schwer, stets eine große Wasserflasche bei sich oder am Platz oder sonst wo in der Nähe zu haben und dann regelmäßig draus zu trinken. Zur Not lädt man sich für den Anfang eine App runter, die einen dran erinnert. Ihr gewöhnt euch schnell daran, garantiert.
Wer Kohlensäure in größeren Mengen nicht so leicht schlucken kann, nimmt stilles Wasser. Keiner kann mir erzählen, dass er sich schwer tut, ein paar Gläser Wasser am Tag zu kippen.
Ich kriege mittlerweile einen trockenen Hals, wenn ich zwei Stunden nix getrunken habe. Und dann Kopfweh. Und das kommt quasi nie vor, weil ich automatisch immer genug trinke, um das zu verhindern.

3. Sport
Hier ist es wie beim Essen. Sucht euch das, was euch taugt. Das plant ihr ein paar Mal die Woche fest ein und gut ist’s.
Sport war bei mir zum Glück noch nie ein Problem, beziehungsweise nie so eine große Hürde, dass es mir schwer gefallen wäre, ihn in meinen Alltag zu integrieren. Meistens mache ich das gleich nach dem Aufstehen, dann ist es nämlich schon gemacht und man flutscht irgendwie mit mehr Karacho in den Tag rein.
Mache ich gerne: HIT, Beachvolleyball, Radeln, Schwimmen, Laufen.
Nur ungern: Fitnessstudio, Yoga, Pilates, Dance-Zeug.

Ganz wichtig sind bei mir diese drei Dinge:

– Ich brauche Abwechslung, sonst wird mir schnell langweilig und ich verliere die Lust.
Also gehe ich am Wochenende an der Isar laufen, mache montags ein knackiges HIT-Training bei YouTube (hier zum Beispiel, die Gute ist super), gehe dienstags zum Volley, stretche mich mittwochs ausgiebig, verausgabe mich donnerstags wieder beim HIT usw..
– Ich brauche sonst niemanden (außer beim Volley), denn ich trainiere immer alleine. Mein Handy ist dann im Flugmodus und ich nutze die Sport-Zeit zum Runterkommen. Da ich überhaupt kein Meditations-Typ bin, tut mir diese Stunde alleine sehr gut.
– Ich brauche die richtige Unterhaltung dabei. Bei den HITs also einen guten Trainer wie Anne, beim freien Training horizonterweiternde dusselige YouTube-Videos, beim Laufen Hörspiele und generell Outfits, die nicht aussehen, als hätte man sie fürs nächste Weißeln aufgehoben.
… so komme ich auf mehrere Sporteinheiten pro Woche und zwar ohne Langeweile und ohne besonders aufmüpfigen Schweinehund. Danach geht es mir immer gut und egal, welche negative Emotion mich vorher erfüllt hat, sie ist danach gemindert.

4. Relax!

… das ist verdammt wichtig. Lasst die Zwänge. Ihr müsst gar nix. Es soll ums Wollen gehen, nicht ums Müssen.
Wenn ich als Kind etwas musste (Laub zusammenrechen oder Abstauben zum Beispiel), fand ich es schon direkt scheiße. Wenn ich etwas wollte (beispielsweise stundenlang ein neues Bandenlager bauen), ging’s von selbst.
Klar, das, was man muss, und das, was man will, ist oft nicht dasselbe. Aber wir gehen jetzt mal davon aus, dass wir eine natürliche Ernährung wollen, denn müssen tun wir ja nicht.
Zurück zum Thema Entspannung: Wer was geleistet hat, darf sich auch was leisten. Massage, shoppen, schlafen … die Akkus laden sich nicht von selbst wieder auf. Man muss sie schon bewusst in die Ladestation stecken.

So, jetzt wisst ihr Bescheid. Und ich danke Anna Hofbauer für diesen Auftritt und hoffe, dass sie sich danach gleich zwei Becher Ben & Jerry’s reingeknallt hat.